Stiefkinder: So erben sie (nicht) – was Sie unbedingt wissen müssen

Bei Stiefkindern muss einiges beachtet werden, sonst gehen sie leer aus

Zahlreiche Menschen gehen nach einer Trennung oder Scheidung irgendwann eine neue Be-ziehung ein. Daraus werden oftmals sogenannte Patchwork-Familien, in den die Partner mit ihrem eigenen Nachwuchs und den Kindern des Partners, den Stiefkindern, zusammenleben.

Im Alltag spielen die Verwandtschaftsverhältnisse keine Rolle, im Erbfall aber schon. Denn in Patchwork-Familien erben leibliche Kinder und Stiefkinder völlig unterschiedlich !

Sind Stiefkinder verwandt mit Stiefeltern ?


Stiefkinder werden vom Gesetz wegen nicht so behandelt wie die leiblichen Abkömmlinge. Bringt also in einer Patchwork-Familie einer der Partner leibliche Kinder mit in die Ehe, werden diese zu Stiefkindern (des Partners). Im Erbfall kann es nach dem Tod des Stiefelternteils passieren, dass die Stiefkinder nichts vom Erbe erhalten, da sie keine leiblichen Kindern des Erblassers sind und nach dem gesetzlichen Erbrecht somit auch nicht erbberechtigt !

Kurz: die Stiefkinder zählen schlicht und einfach nicht zu den gesetzlichen Erben, weil sie nicht verwandt sind mit dem Erblasser.


Stiefkindern können auch keinen Pflichtteil beanspruchen


Da Stiefkinder wie gesagt nicht Verwandte des Stiefelternteils sind, sind sie auch keine gesetzlichen Erben und somit nicht erbberechtigt. Demzufolge können Stiefkinder noch nicht einmal den Pflichtteil des Nachlasses in Anspruch nehmen, den leibliche Kinder beanspruchen können.


Stiefkinder sind einzig und allein gesetzliche Erben ihres leiblichen Erbteils, nicht aber des Stiefelternteils.


Wie kann man ein Erbe unter leiblichen Kindern und Stiefkindern verteilen ?


Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten, der Erblasser muss aber in jedem Fall aktiv werden.

Eine Möglichkeit besteht darin, das Stiefkind zu adoptieren, denn durch die Adoption wird das Stiefkind zum gesetzlichen Erben des Stiefelternteils. Das adoptierte Kind wird damit von Gesetzes wegen gleich behandelt wie leibliche Kinder.

Sofern die Adoption nicht möglich ist oder nicht gewollt wird, muss der Erblasser im Rahmen eines Testaments oder eines Erbvertrages die gesetzliche Erbfolge ausschließen und seinen eigenen Willen niederlegen.

Hierbei ist zu beachten, dass vorab geprüft werden muss, ob man in der Vergangenheit nicht bereits ein Testament oder Erbvertrag aufgesetzt hat. Denn ein solches, älteres Dokument könnte eine neue Verfügung unwirksam machen.

Existiert bereits ein älteres Testament oder ein älterer Erbvertrag, empfiehlt es sich, dieses Dokument so zu ändern, dass es der neuen Verfügung inhaltlich nicht widerspricht. Weiter sollte überlegt werden, wo der finanzielle Schwerpunkt des Testaments liegen soll, es geht also um die Frage: Wer soll wie viel und was erben ?


Die Vor- und Nachteile eines Testaments für Stiefkinder


Die Ehepartner können den Nachlass in Einzeltestamenten, in einem gemeinschaftlichen Testament oder in einem Erbvertrag regeln.

Abzuraten ist hierbei von einem sog. „Berliner Testament“, in dem sich die Ehegatten gegenseitig als Alleinerben einsetzen und bestimmen, wie das Erbe später an die Kinder weitergegeben werden soll.


Diese Vorgaben kann der überlebende Ehegatte zwar nicht beliebig ändern, aber er kann sich auch nicht mehr daran halten und bereits zu Lebzeiten das Erbe an seine leiblichen Kinder weitergeben. Dies ist zwar nicht zulässig, aber eine Rückabwicklung für die anderen Kinder später sehr schwierig möglich, da oftmals die Beweise fehlen.

Auch Einzeltestamente bieten keine Sicherheit, da es jedem frei steht, seinen letzten Willen zu ändern, ohne den anderen zu informieren.


Erbvertrag für die Kinder aufsetzen …

Um ganz sicher zu gehen, daß Stiefkinder einen Teil des Erbes erhalten oder gleichberechtigt mit den leiblichen Kindern erben, sollte man statt eines Testaments einen Erbvertrag aufsetzen. Einen Erbvertrag muss man notariell beurkunden lassen, kann somit einseitig nicht mehr geändert werden.


Regelungen für den Pflichtteil der leiblichen Kinder


In der Konstellation, daß sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben einsetzen, haben sie gleichzeitig ihre Kinder für diesen sog. „ersten Erbfall“ enterbt. Den Kindern würde somit ein Pflichtteil zustehen.

Hier empfiehlt es sich, mit ihnen einen Pflichtteilsverzicht zu vereinbaren, damit der überle-bende Ehegatte sorglos das Erbe genießen kann. Als eine Art „Gegenleistung“ kann man dann den Kindern (die ohnehin als Schlusserben bedacht werden sollen) vorab einen kleinen Teil des Erbes oder ein Vermächtnis zukommen lassen.

Alternativ kann man auch die Kinder als alleinige Erben einsetzen und der überlebende Partner erhält zu seinen Gunsten ein Vermächtnis, das ihm z.B. ein lebenslanges Wohnrecht an einer Immobilie oder ein Nießbrauch am Erbe einräumt.

Für eine fachkundige Prüfung stehen wir Ihnen selbstverständlich zur Verfügung. Weiterge-hende Informationen finden Sie auch unter www.erbschaft-regeln.de.

Patrick M. Zagni
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Bank- und Kapitalmarktrecht

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24.11.2021
Patrick Zagni
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