Ich bin enterbt - was kann ich tun ? Welche Rechte habe ich ?

Ich bin enterbt - was kann ich tun ? Welche Rechte habe ich ?

Es bestehen mehrere Möglichkeiten, eine Enterbung überprüfen zu lassen. Eine kleine Übersicht ...

Sie bekommen Post vom Nachlassgericht und freuen sich auf das Erbe, müssen aber mit Erschrecken feststellen, dass Sie mit dem eröffneten Testament enterbt worden sind.

Nicht nur dann, wenn die Enterbung überraschend kommt, möchte man unter Umständen genau wissen, ob alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Oftmals gibt es auch konkrete Verdachtsmomente, dass mit dem Testament irgendetwas nicht stimmt oder Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers bestehen. Dann stellt sich die Frage, ob und wie man weitergehende Informationen und Beweise erhalten kann, und wie man im Ernstfall gegen das Testament vorgehen kann.

Pflichtteilsrecht bleibt bestehen ……

Als naher Angehöriger, insbesondere als direktes Kind des Erblassers, besitzen Sie auf jeden Fall einen Pflichtteilsanspruch, sofern Sie im Testament enterbt worden sind. Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Sich damit zufrieden zu geben, ist eine andere Sache…..

Welche Möglichkeiten bestehen nunmehr für den übergangenen Erben ?

Zunächst einmal sollten Sie Akteneinsicht beim Nachlassgericht beantragen.

Als Pflichtteilsberechtigter sind Sie grundsätzlich „Beteiligter“ im Sinne des § 13 FamFG und haben daher das Recht, die gerichtliche Nachlassakte im betreffenden Erbfall einzusehen. In jedem Fall können Sie sich vor Ort bei Gericht Kopien der Akte anfertigen. Außerdem ist es ihnen möglich, die Akteneinsicht mehrfach, also auch zu späteren Zeitpunkten, zu beantragen.

Aus der Akte können sich Hinweise ergeben, wie der gesundheitliche Zustand des Erblassers bei der Errichtung des Testaments war. Beispiel: finden Sie in der Akte Hinweise, dass der Erblasser in einem Pflegeheim gewohnt hat und ist das Testament dann auch erst kurz zuvor errichtet worden, sollten unbedingt weitere Nachforschungen angestellt werden.

Zweifel sind auch dann angebracht, wenn mehrere Testamente vorhanden sind, mithin also der Erblasser noch kurz vor seinem Tod ein früheres Testament widerrufen hat und ein neues Testament errichtet, das dem früheren widerspricht.

Grundsätzlich muss das Nachlassgericht selbst Ermittlungen anstellen (so genannter Amtsermittlungsgrundsatz). Das Gericht ist allerdings erst dann zur Einholung eines Gutachtens oder weiteren Nachforschungen verpflichtet, wenn konkrete und begründete Zweifel an der Testierfähigkeit vorliegen !

Auch bei Vorliegen von handschriftlichen Testamenten, die der Erblasser ohne einen Notar oder Anwalt errichtet hat, sollte man genau hinschauen. Zum einen findet man darin oftmals ungenaue Formulierungen oder Formfehler - der tatsächliche Erblasserwille muss mühsam erforscht werden.

Hierbei empfiehlt es sich, mit diesen Indizien sich der Hilfe eines fachkundigen Anwalts anzunehmen, der die Rechtslage beurteilen kann.

Auskünfte beim Notar ...

Hat der Erblasser das Testament bzw. einen Erbvertrag bei einem Notar errichten lassen, so hat der Notar die gesetzliche Pflicht, diese Dokumente in einem Umschlag zu verschließen und anschließend in die amtliche Verwahrung beim Nachlassgericht zu geben.

Nun kann es verschiedene Gründe geben, vom Notar eine Auskunft zu verlangen. Zum einen könnte dies dann der Fall sein, wenn der Notar es versäumt hat, notwendige Hinweise über die Testierfähigkeit in den versiegelten Umschlag zu nehmen. Gerade bei älteren Erblassern sollte dies mit ärztlichen Attesten untermauert werden, die dann auch in den versiegelten Umschlag zu nehmen sind.

Darüber hinaus kommt es auch gelegentlich vor, dass die Formulierungen in notariellen Testamenten missverständlich sind, dass also die Beteiligten über deren Auslegung streiten (müssen).

In diesen Fällen kann es also hilfreich sein, beim Notar zu erfragen, was der Erblasser denn mit der Klausel regeln wollte.

Geht es etwa um die Frage der Testierfähigkeit oder wenn unklar ist, wie eine bestimmte Klausel im Testament gemeint (gewesen) ist, steht auch die grundsätzlich bestehende Verschwiegenheitsverpflichtung des Notars nicht dagegen (vgl. hierzu auch Urteil des BGH vom 20.07.2020, AZ: NotZ (Brfg) 1/19).

Zusammenfassend:

Nehmen Sie also auf jeden Fall Einsicht in die Nachlassakte ! Dies ist nicht nur wichtig, um Informationen über das Testament oder eventuell weitere ältere Testamente zu erhalten, sondern auch im Zusammenhang mit Ihrem Pflichtteil. Auch als Pflichtteilsberechtigter haben Sie Auskunftsansprüche gegen den Erben selbst.

Näheres finden Sie auch unter: https://erbschaft-regeln.de/

 

Für weitergehende Fragen stehen wir Ihnen selbstverständlich zur Verfügung.

 

Patrick M. Zagni

Rechtsanwalt und Fachanwalt

für Bank- und Kapitalmarktrecht

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12.11.2020
Patrick Zagni
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