Banken droht teure Widerrufswelle bei Immobiliendarlehen

Grundsatzurteil des BGH zu fehlerhaften Sparkassenbelehrungen

Zahlreiche Baufinanzierungen der Sparkassen aus dem Zeitraum Mitte 2010 bis Ende 2011 sind fehlerhaft und können widerrufen werden, wie der Bundesgerichtshof (BGH) im Urteil vom 22.11.2016 entschieden hat. Verbraucher können daher sofort aus diesen Darlehen aussteigen und sehr viel Geld sparen. ...

In dieser Entscheidung ging es um eine Baufinanzierung, die im August 2010 bei einer Sparkasse abgeschlossen worden ist. Dort hatte das Kreditinstitut einen Mustervertrag verwendet, der in dem oben genannten Zeitraum fast flächendeckend von sämtlichen Sparkassen in Deutschland genutzt worden ist. Darin wird in der Widerrufsbelehrung die „zuständige Aufsichtsbehörde“ als so genannte Pflichtangabe aufgeführt. Diese Pflichtangaben sind Voraussetzung dafür, dass die normale 14tägige Widerrufsfrist zu laufen beginnt.

Problem der Sparkassen: sie hatten diese Aufsichtsbehörde nicht im Darlehensvertrag genannt, sondern lediglich in einem vorvertraglichen Informationsblatt, dem so genannten „Europäischen standardisiertem Merkblatt“ (kurz: ESM). Dieses gehört aber nach Ansicht von Experten nicht zum eigentlichen Darlehensvertrag. Der BGH führt in der nun veröffentlichten Begründung eindeutig aus, dass die Aufsichtsbehörde „im Kreditvertrag“ genannt werden muss.

Der Darlehensvertrag, der dieser BGH-Entscheidung zugrunde lag, wurde deshalb folgerichtig vom BGH als fehlerhaft eingestuft mit der Folge, dass die 14tägige Widerrufsfrist noch nicht zu laufen begonnen hat. Das Darlehen konnte daher auch Jahre nach Abschluss noch wirksam widerrufen werden.

Durchschnittliche Ersparnis: zwischen EUR 10.000,00 und EUR 20.000,00

Der Widerruf führt dazu, dass der Kreditnehmer sich trotz laufender Zinsbindung sofort aus seiner laufenden Baufinanzierung lösen kann und das Darlehen rückabgewickelt werden muss. Dies ist für die meisten Verbraucher zumindest mit älteren Verträgen lukrativ, da Kredite aus den Jahren 2010 und 2011 in der Regel einen weitaus höheren Zinssatz als aktuell hatten und zudem die Zinsbindungen i.d.R noch bis 2020 liefen. Aktuelle Baufinanzierungen kosten aufgrund der deutlich gesunkenen Zinsen oft deutlich weniger als die Hälfte. Zudem schuldet die Bank dem Verbraucher bei einer Rückabwicklung nach Widerruf die Verzinsung sämtlicher bisher geleisteten Ratenzahlungen (also auf Zins und Tilgung).

In der Konsequenz bedeutet dieses Urteil, dass zigtausende Finanzierungsverträge der Sparkassen von den Kunden widerrufen werden können. Denn der Mustervertrag, über den der BGH nun entschieden hat, wurde von fast sämtlichen deutschen Sparkassen ab Juni 2010 verwendet.

Zahlreiche weitere Banken haben diese Belehrung verwendet ...

Zalreiche weitere Kreditinstitute wie die ING DiBa, BHW Bausparkasse oder der PSD-Banken haben dieses fehlerhafte Dokument bis 2011 verwandt, einzelne sogar bis 2012.

Verbraucher, die in diesem Zeitraum einen Kreditvertrag abgeschlossen haben, sollten daher fachkundig prüfen lassen, ob ihr Darlehen unter diese Entscheidung fällt.

Für eine erste Vorprüfung stehen wir Ihnen selbstverständlich zur Verfügung.

Patrick M. Zagni

Rechtsanwalt / Fachanwalt für
Bank- und Kapitalmarktrecht