Facebook, Google, Spotify und der Tod

Facebook, Google, Spotify und der Tod

So regeln Sie Ihren digitalen Nachlass

Online-Banking, Streamingdienste, soziale Netzwerke, e-mails: digitale Angebote sind nicht mehr wegzudenken. Doch was passiert mit den Accounts bei facebook, Google, Spotify und Co, wenn der Inhaber dieser Konten stirbt ?

Wer hat Zugang zu seinen online-Konten ? Was passiert mit den Inhalten sozialer Netzwerke ? Wer darf auf die emails zugreifen und Daten löschen ?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat hierzu im Falle eines facebook-Kontos eine Leitentschei­dung getroffen.

BGH: facebook-Konto ist vererbbar

In dem vom BGH entschiedenen Fall wollten die Eltern der mit 15 Jahren verstorbenen Tochter versuchen, Einblick in deren facebook-Konto zu erhalten, um hieraus Hinweise auf die Gründe, weshalb ihre Tochter sich das Leben genommen hatte, zu finden. Doch obwohl die Eltern die Zugangsdaten ihrer Tochter hatten, konnten sie sich nicht einloggen, denn fa­cebook hatte das Nutzerkonto bereits in den so genannten „Gedenkzustand“ versetzt. In die­sem Zustand nutzte auch ein einloggen in das ehemals aktive Konto nichts, da die Inhalte nicht mehr sichtbar waren. Unklar blieb bis heute, wer die Versetzung in den Gedenkzustand veranlasst hat.

Der BGH hatte also darüber zu entscheiden, was schwerer wiegt: das Erbrecht der Eltern, die den Account ihrer verstorbenen Tochter einsehen mochten ? Oder das Fernmeldege­heimnis der digitalen Kommunikationspartner bzw. das Datenschutzrecht ?

Der BGH hat am 12.07.2018 eine Entscheidung getroffen und dem Erbrecht den Vorrang ge­geben (AZ: III ZR 183/17). Danach muss facebook den Eltern des toten Mädchens Zugang zu dem seit Jahren gesperrten Nutzerkonto der Tochter gewähren ! Die BGH-Richter haben damit das Urteil des Berliner Kammergerichts aufgehoben, das die Sperre unter Verweis auf das Fernmeldegeheimnis noch bestätigt hatte.

 

facebook wehrte sich weiter …

Trotz dieses eindeutigen Urteils erhielten die Eltern zunächst von facebook keinen Zugang, sondern nur einen USB-Stick, auf dem sich rd. 14.000 pdf-Seiten befanden ! Dies ließen sich die Eltern nicht gefallen und klagten erneut gegen facebook. Erst nach Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von EUR 10.000,00 durch das Landgericht Berlin erhielten die Eltern unmittelbaren Zugang zum Benutzerkonto ihrer Tochter !

 

Auch Apple muss Erben Zugang zu seinen Diensten gewähren

Gegen den Großkonzern Apple erging kürzlich ein ähnliches Urteil des Landgerichts Müns­ter. Apple muss den Erben eines verstorbenen iCloud-Nutzers Zugang zu dessen Account gewähren. In diesem Fall war ein Mann während einer Reise im Ausland verstorben. Seine Erben erhofften sich, in den in der iCloud gespeicherten Daten (etwa Fotos, Videos und E-Mails) Erkenntnisse über die Gründe zu finden, die zu seinem Tod geführt haben.

Apple hatte zunächst den Wunsch der Angehörigen, Zugang zur iCloud zu erhalten, abge­lehnt.

Nach Ansicht des Landgerichts Münster ging auch hier das Erbrecht vor, Apple musste Zu­gang zum Konto gewähren (AZ: 14 O 565/18).

 

Digitale Vorsorge - so gehen Sie vor

Um diesen langen Leidensweg zu vermeiden, empfiehlt es sich, bereits zu Lebzeiten Vor­sorge zu treffen. Dies kann beispielsweise in einem handschriftlichen und unterschriebenen Testament geregelt werden.

Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, im Rahmen einer über den Tod hinaus wirken­den Vorsorgevollmacht den Erben (oder sonstigen Dritten) ausdrücklich auch die Befugnis einzuräumen, die Benutzerkonten des Verstorbenen bei den digitalen Kommunikationsanbie­tern einzusehen. Die Vorsorgevollmacht bedarf grundsätzlich keiner notarielle Form.

Des Weiteren ist es sicherlich auch sinnvoll, dass Sie sich regelmäßig einen Überblick über Ihre Online-Aktivitäten verschaffen und für jedes Konto die Zugangsdaten und Passwörter (sicher) auflisten. Damit können Erben oder andere Vertrauenspersonen im Bedarfsfall schnell darauf zugreifen. Diese Auflistung sollte regelmäßig aktualisiert werden.

Daten, die niemanden in die Hände fallen sollen, löschen Sie am besten von Zeit zu Zeit.

 

Erben sollten auch den digitalen Nachlass sichten

In Deutschland sind schätzungsweise 87 % aller Menschen ab 10 Jahren online aktiv. Wir kommunizieren über E-Mails und soziale Netzwerke, schließen Kaufverträge im Netz und Abonnements mit Musik- oder Filmdiensten, erledigen Bankgeschäfte online. Informationen, die wir im Internet, aber auch auf Festplatten, USB-Sticks oder Speicherkarten hinterlassen, gehören im Todesfall zur Erbschaft - genauer: zum so genannten digitalen Nachlass.

Rechte und Pflichten gehen mit dem Erbfall automatisch auf den Erben über, der dann die bestellte Ware abnehmen, die Kreuzfahrt stornieren oder die bestellten Stiefel bezahlen muss. Die wenigsten Verträge enden automatisch mit dem Tod. Auch Nutzerkonten bei sozi­alen Netzwerken und Versandhändlern bleiben erstmal bestehen.

Für eine erste Hilfestellung stehen wir Ihnen selbstverständlich zur Verfügung. Weitere Infor­mationen finden Sie auch hier: www.erbschaft-regeln.de

 

Patrick M. Zagni

Rechtsanwalt und Fachanwalt

für Bank- und Kapitalmarktrecht

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24.08.2020
Patrick Zagni
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