BGH entscheidet zu Beweisgrundsätzen bei streitigen Zahlungsaufträgen im Online-Banking

Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs mit weitreichenden Ausiwrkungen

Der Bankensenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hatte endlich mal die Möglichkeit, sich zu der Rechtsfrage des Anscheinsbeweises beim Online-Banking zu äußern. Damit betrifft diese Entscheidung eine sich alltäglich tausendfach ereignende Problematik und hat somit weitreichende Auswirkungen. ...

Im vorliegenden Fall hatte die klagende Sparkasse von der beklagten Firma den Ausgleich eines Schlusssaldos eines Geschäftsgirokontos verlangt. Der Geschäftsführer der Beklagten erhielt für das Konto eine PIN.

Die Beklagte hat behauptet, der Geschäftsführer sei zum Zeitpunkt der Überweisung im Urlaub gewesen und habe keine Zugriffsmöglichkeiten auf das Konto gehabt und somit die hier streitgegenständliche Überweisung nicht autorisiert. Sein Mobiltelefon, auf das die so genannte Transaktionsnummer („SMS-TAN“) übermittelt worden ist, sei zum fraglichen Zeitpunkt in Gewahrsam eines Mitarbeiters der Klägerin (!) gewesen. Dieser habe aber die Transaktion auch nicht autorisiert, da er die TAN für eine Spam-Mail gehalten hat.

Die übermittelte TAN wurde zur Autorisierung der Transaktion benutzt.

Die Vorinstanzen haben der Klage der Sparkasse Recht gegeben, während der BGH diese Entscheidungen aufgehoben und die Sache wieder an das Berufungsgericht zurückgewiesen hat.

Streitig ist in diesem Verfahren also die Autorisierung der Überweisung durch den Geschäftsführer und Kontoinhaber (§ 675 j Abs.1  BGB) und der damit bedingten Anwendbarkeit der Anscheinsgrundsätze nach § 675 w Satz 3 BGB.

Die klagende Sparkasse hat vorliegend den Nachweis der ordnungsgemäßen Verbuchung, Aufzeichnung und Störungsfreiheit erbracht.

Nach Ansicht des BGH ist für diese Vorschrift auf jeden Fall der Anscheinsbeweis, dass die Autorisierung auch erfolgt ist, grundsätzlich möglich. Allerdings stellte der BGH hier besondere Anforderungen an die Ausgestaltung dieses Anscheinsbeweises auf, die bislang zumindest bei den Instanzgerichten nicht so gehandhabt worden sind:

Es müssen zum einen die praktische Sicherheit und die Einhaltung des Sicherheitsverfahrens im konkreten Einzelfall feststehen (und von der Bank bewiesen werden). Zum anderen darf vom Nutzer kein Vortrag dazu abverlangt werden, auf welche Weise Schutzvorrichtungen überwunden werden können, ansonsten müsste der Nutzer ja über kriminelles Täterwissen verfügen.

Es könnten zur Widerlegung des Anscheinsbeweises auch Tatsachen außerhalb des technischen Zahlungsvorgangs herangezogen werden. Der Vortrag der Beklagten war nach Ansicht des BGH relevant, die angebotenen Beweise hätten erhoben werden müssen.

Wichtig an dieser Entscheidung war zudem, dass der BGH der Bank auch keinen Schadenersatzanspruch zugesprochen hat. Nach § 675 v Abs. 2 BGB muss der Nutzer Schadenersatz leisten, wenn er den Zahlungsvorgang zwar nicht autorisiert, aber durch betrügerische Absicht oder grob fahrlässige Pflichtverletzungen herbei geführt hat.

Alleine die Tatsache, daß eine PIN sowie eine TAN verwendet wurden, rechtfertigt nicht die Annahme, der Zahler habe grob fahrlässig gehandelt !

Wendet man diese Grundsätze auf den konkreten Fall an, so zeigt es sich, dass die Tatsacheninstanzen zum einen die Voraussetzungen für den Anscheinsbeweis verkannt und zum anderen die Anforderungen an die Erschütterung desselben überspannt haben.

Es lohnt sich also oft, bei solchen Streitigkeiten mit der Bank fachkundige Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Patrick M. Zagni

Rechtsanwalt / Fachanwalt für
Bank- und Kapitalmarktrecht