Was ist ein „Teilverkauf“ ?

Selbst Bundesanstalt für Finanzdienstaufsicht (Bafin) warnt ausdrücklich vor einem Teilverkauf, da zu riskant und die Kosten nicht kalkulierbar

Ein neuer Trend scheint sich abzuzeichnen: Der Teilverkauf der eigenen Immobilie. Auf den ersten Blick scheint dieser einfach zu funktionieren und weist nur Vorteile auf: man erhält schnell Bargeld und darf im Haus wohnen bleiben. Allerdings verlangen die Anbieter dann eine Art Miete, die umfangreichen Vertragswerke sind unübersichtlich mit zahlreichen Fallstricken.

Was ist ein „Teilverkauf“ ?

Bei einem Teilverkauf der eigenen Immobilie veräußert der Eigentümer einen Teil seines Grundstücks bzw. seiner Immobilie und erhält dafür einen vereinbarten Kaufpreis. Im Gegenzug erhält der Anbieter eine monatliche Miete, die in der Regel „monatliches Nutzungsentgelt“ bzw. eine „monatliche Nutzungsgebühr“ genannt wird.
Lassen Sie sich allerdings nicht von der vermeintlichen einfachen Handhabe und der schnellen Abwicklung leiten. Rechnen Sie genau, was es Sie kostet und prüfen Sie alternative Finanzierungsmodelle; im Zweifel lassen Sie sich unabhängig und fachkundig beraten.

Finanziell lohnen tut sich diese Geschichte jedenfalls nicht, da dieser Teileverkauf weitere Kosten enthält, die teilweise erst später entstehen. So werden bspw. hohe Gebühren beim späteren, kompletten Verkauf der Immobilie fällig. Ebenso müssen Kosten für die Instandhaltung und -setzung regelmäßig vom Verkäufer bezahlt werden !

Es gibt einfachere und sicherere Modelle …

Sofern Sie als Grundstückseigentümer dringend einen höheren Betrag benötigen, ist es sicherlich einfacher und attraktiver, ein ganz normales Darlehen aufzunehmen und als Sicherheit die eigene Immobilie anzubieten. Bei den aktuell niedrigen Zinsen erhalten Sie momentan sehr gute Konditionen, die sich unterm Strich eher rechnen wie grundsätzlich die Anbieter des sogenannten Teilverkaufs.

Wer verkauft, soll künftig eine Art „Miete“ zahlen

Oftmals lohnt sich der Teileverkauf nicht, zudem drohen Fallstricke in der Vertragsgestaltung. Erster wichtiger Punkt: Wer einen Teil seiner Immobilie verkauft, der soll dafür an das Unternehmen / an den Anbieter ein monatliches Entgelt zahlen. Je größer der verkaufte Anteil, der verkauft wird, und je wertvoller die Immobilie ist, desto höher ist auch diese „Miete“. Dieses Entgelt wird meist nur für eine bestimmte Vertragslaufzeit festgeschrieben und soll nach Ablauf neu vereinbart werden.

Es kann aber auch variabel vereinbart sein und z.B. mit der Inflationsrate automatisch steigen.
Wer die monatliche Belastung durch das Nutzungsentgelt vermeiden will, muss mit zunehmender Nutzung seiner eigenen Immobilie weitere Teile der Immobilie an den Anbieter übertragen.
Rechnen Sie also immer und stets genau inklusive der einmaligen Gebühren das Angebot durch und vergleichen Sie diese mit der Höhe einer ortsüblichen Mietzahlung oder im Vergleich dazu mit den Zinsen eines normalen Bankkredits. Berücksichtigen Sie dabei immer auch die Kosten der Instandhaltung, die grundsätzlich der Eigentümer alleine tragen muss. Hierbei zeigt sich gerade ein wesentlicher Nachteil des Teilverkaufs.
Normalerweise tragen die Kosten der Instandhaltung bei Mietern komplett der Vermieter. Die Unternehmen, die Teilverkäufe der Immobilien anbieten, drehen den Spieß aber um: Jetzt sollen Sie als verbleibender Teil-Eigentümer der Immobilie eine Miete zahlen und die vollständigen Kosten für Investitionen bzw. Instandhaltung tragen !

Wer seine Immobilie später vollständig verkauft, zahlt weitere Gebühren

Besitzen Sie nicht mehr die komplette Immobilie, weil Sie einen Teil bereits verkauft haben, wird auch dieses Konstellation interessant. Was passiert, wenn Sie die Immobilie komplett an einen Dritten verkaufen möchten ?
Die Angebote sehen hier zwar vor, dass Sie beim Verkaufserlös nach Ihrem verbliebenen Anteil beteiligt werden. Beispiel: Wer 20 % verkauft hat, der bekäme bei einem späteren kompletten Verkauf auch 80 % des Erlöses.
Aber: Sie müssen mit weiteren Entgelten und Gebühren rechnen !

Wird die Immobilie, die zu einem Anteil vom 20 % bereits verkauft wurde, später für insgesamt EUR 700.000,00 ganz verkauft, rechnet zum Beispiel der Anbieter „Wertfaktor“ mit einem sog. „Durchführungsentgelt“ von 6,5 % des Verkaufspreises, was immerhin EUR 45.500,00 entspricht !

Zu beachten sind weitere Fallstricke, Beispiel: einige Anbieter sichern sich sogar gegen einen Wertverlust der Immobilie ab. Wird die Immobilie später komplett verkauft, bekommt der Anbieter mindestens sein investiertes Geld sowie einen Zuschlag von zum Beispiel 17 % Nebenkosten als „Minimumanteil“ zurück.
Das sollten Sie sich als Kosten des gesamten Konstrukts von vorneherein bewusst machen.

Behalten Sie immer die Instandhaltungskosten im Auge …

Keine Immobilie, kein Grundstück wird auf Dauer ohne Investitionen auskommen. Ob es um Reparaturen geht oder darum, den Wert der Immobilie mit Modernisierungen zu steigern – die Anbieter der Teilverkäufe wollen sich an solchen Kosten grundsätzlich nicht beteiligen.

Gerade bei Modernisierungs- und Erneuerungsmaßnahmen, die Sie alleine tragen, steigern sie den Wert der Immobilie nicht nur für sich selbst, sondern auch für den Vertragspartner durch seinen Anteil am späteren Verkaufserlös.

Fallstricke abklären, Alternativen prüfen – oder einfach sein lassen …

Die Angebote am Markt sind nicht standardisiert, es gibt keine gesetzlichen Vorgaben. Sie können sich gravierend unterscheiden, die Fallstricke befinden sich wie oft im Detail.
Sie sollten die Vertragsgestaltungen bei Bedarf fachkundig prüfen lassen und auf jeden Fall ein lebenslanges Nießbrauchsrecht vereinbaren. Sinnvoll erscheint auch, dass Sie sich die vertragliche Option offen halten, dass Sie oder Ihre Erben den verkauften Teil wieder zurück kaufen können. Ein vorher vereinbarter Rückkaufspreis sollte vereinbart werden, da bei einer evtl. Wertsteigerung der Immobilie mehr bezahlt werden müsste als zuvor als Kaufpreis erhalten.

Da die späteren Kosten bei Vertragsabschluss nicht oder nur sehr schwer kalkulierbar sind, raten wir von den meisten Angeboten grundsätzlich ab.
Für eine erste unabhängige Beratung stehen wir Ihnen selbstverständlich zur Verfügung.


Patrick M. Zagni
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

 

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09.03.2023
Patrick Zagni
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